AGOFORM - Nachhaltige Unternehmen

IHK Bericht Thema Nachhaltigkeit Ausgabe 07 2022

20 Titel | Nachhaltige Unternehmen Auf dem Weg Klimaneutrali Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind Megatrends und erfordern Handlungsbedarf. Viele ostwestfälische Firmen beschäftigen sich mit der eigenen Klimaneutralität und wollen dieses Ziel in absehbarer Zeit erreichen.

21 OWi 07.2022 g zur ität Foto: Irina Strelnikova/stock.adobe.com hr Ziel ist ambitioniert – bis 2030 möchten engagierte Unternehmen aus Ostwestfalen die eigene CO2-Klimaneutralität erreichen. Was die Betriebe eint, ist ihre Teilnahme an der jüngst gestarteten Klimainitiative „gemeinsam klimaneutral 2030“, die von den Industrie- und Handelskammern Ostwestfalen zu Bielefeld und Lippe zu Detmold ins Leben gerufen wurde. Inzwischen sind 35 heimische Betriebe dem Netzwerk beigetreten. Um sich an der Initiative zu beteiligen, benötigen die Firmen nicht viel: Sie müssen lediglich eine freiwillige Selbstverpflichtung unterschreiben, die einige Spielregeln enthält. Um Klimaneutralität zu erreichen, sollen die individuelle betriebliche Energieeffizienz verbessert und der Einsatz von Erneuerbaren Energien ausgebaut werden. So beinhaltet die Selbstverpflichtung unter anderem, die im eigenen Betrieb entstehenden Treibhaushaus-Emissionen zu senken – etwa durch unternehmenseigene Energieerzeugungsanlagen, die Umstellung des eigenen Fuhrparks auf E-Mobilität sowie Energie bei Produktionsprozessen einzusparen (Scope 1). Auch möglich ist es, indirekte Treibhausgasemissionen aus zugekaufter Energie wie Strom oder Fernwärme zu senken (Scope 2). Eine Erweiterung auf Scope 3 steht den Mitgliedern frei, dazu zählen unter anderem indirekte Emissionen der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette wie Rohstoffe, Zulieferteile oder Transporte. Der Klimainitiative der Wirtschaft in OWL beitreten kann jedes Unternehmen, das Mitglied der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld oder Lippe zu Detmold ist – wenn es sich verpflichtet, bis spätestens zum 31.12.2030 seine Standorte klimaneutral zu stellen und die Erreichung der Klimaschutzziele in seiner Unternehmensstrategie zu verankern. KLIMANEUTRALITÄT HAT HOHE PRIORITÄT „Das Erreichen der eigenen Klimaneutralität hat derzeit für zahlreiche Unternehmen eine hohe Priorität. Viele Betriebe engagieren sich bereits seit längerem in diesem wichtigen Zukunftsfeld und übernehmen bereits Verantwortung für den Klima- und Umweltschutz, umgekehrt erreichen uns aber auch viele Anfragen zu diesem Thema. Mit diesem konkreten Netzwerk können wir den Firmen nun Hilfestellung bei Fragen rund um den Klimaschutz geben und Akteure zusammenbringen“, beschreibt Ulrich Tepper, stellvertretender IHK-Geschäftsführer und Leiter des Referates Umwelt, die Intention der Klimainitiative. Ihr Ziel ist, der Wirtschaft in Ostwestfalen-Lippe eine bessere öffentliche Wahrnehmung der Klimaschutzaktivitäten zu ermöglichen, zudem soll sie zu einer Sensibilisierung aller Unternehmen für ein nachhaltiges Wirtschaften führen. „Zum Erreichen des Ziels sollten keine oder möglichst wenige TreibhausKompensationsmaßnahmen in Anspruch genommen werden. Auf diesemWeg begleiten wir unsere Mitglieder durch Erfahrungsaustausch mit anderen Teilnehmern I ➔

22 Titel | Nachhaltige Unternehmen und sehen uns als IHKs in der Moderatorenrolle“, erklärt Tepper und betont: „Die Teilnahme amNetzwerk ist kostenlos. Die Klimainitiative setzt konsequent auf Freiwilligkeit und die Selbstverpflichtung der teilnehmenden Unternehmen. Es erfolgt keine verbindliche externe Prüfung oder Zertifizierung der Mitgliedsunternehmen.“ PLATTFORM FÜR ERFAHRUNGSAUSTAUSCH Unternehmen, die sich der IHK-Klimainitiative anschließen, dokumentieren den jährlichen Fortschritt gegenüber den IHKs mit folgenden Klimabilanzdaten: absolute Treibhausgas-Emissionen und Veränderung zum Vorjahr für die Scopes 1 und 2, freiwillig: absolute Treibhausgas-Emissionen und Veränderung zum Vorjahr für Scope 3, Energieverbrauch in MWh (Strom, Wärme, Brennstoffe, Kraftstoffe für eigene Fahrzeuge), Eigenerzeugung Erneuerbarer Energien (MWh), Bezug von Grünen Energien (MWh), Maßnahmen zur Kompensation von Treibhausgasemissionen inklusive Angabe der Fotos: ginae014/stock.adobe.com; Agoform „kompensierten“ Treibhausgas-Menge sowie stichwortartige Auflistung der im Kalenderjahr umgesetzten wesentlichen Maßnahmen auf demWeg zur Klimaneutralität. „Die Evaluierung soll zeigen, welche Ziele im Netzwerk erreicht wurden. Dazu stellen wir ein Bilanzierungstool zur Verfügung, mit dem die Teilnehmenden der Klimainitiative OWL einmal pro Jahr ihre CO2-Bilanz für den Unternehmensstandort ermitteln können und uns damit Daten für die Gesamtbilanz liefern“, erklärt Ulrich Tepper das Vorgehen. Die unternehmensspezifischen Bilanzdaten sind auch die Basis für ein freiwilliges Benchmarking. „Die Initiative soll vor allem auch als Plattform für den Austausch über gute Lösungen auf demWeg zur Klimaneutralität dienen“, erklärt Tepper, und ergänzt: „Wir wollen zeigen, was geht und wie es geht. So ist am 17. August ein erstes Treffen aller Teilnehmenden geplant, um über die bisher gemachten Erfahrungen zu sprechen und auch, um über mögliche Schwierigkeiten zu berichten.“ ERSTUNTERZEICHNER DER IHK-KLIMAINITIATIVE „GEMEINSAM KLIMANEUTRAL 2030“ AGOFORM GmbH, Löhne Bertelsmann SE & Co. KGaA, Gütersloh boho Möbelwerkstatt GmbH, Rietberg Boge Kompressoren Otto Boge GmbH & Co. KG, Bielefeld COR Sitzmöbel Helmut Lübke GmbH & Co. KG, Rheda-Wiedenbrück CP Tech GmbH, Büren Dr. F.-W. Hillbrand – Vermietung, Löhne Ecclesia Holding GmbH, Detmold EKT GmbH & Co. KG, Bad Salzuflen FAA Facharztagentur GmbH & Co. KG, Bielefeld fabbrain software GmbH, Marienmünster FMO Surface GmbH & Co KG, Lemgo Friedrich Bentlage GmbH & Co. KG, Bielefeld HANNING ELEKTROWERKE GmbH & Co. KG, Oerlinghausen Häcker Küchen GmbH & Co. KG, Rödinghausen Halfar System GmbH, Bielefeld Hebie GmbH & Co. KG, Bielefeld Hera GmbH & Co. KG, Enger HOMAG Kantentechnik GmbH, Lemgo HUNTER International GmbH, Bielefeld IHK Lippe zu Detmold, Detmold IHK Ostwestfalen zu Bielefeld, Bielefeld IP Adelt GmbH, Bielefeld JAB Josef Anstoetz KG, Bielefeld Miele & Cie. KG, Gütersloh Ninkaplast GmbH, Bad Salzuflen Oskar Lehmann GmbH & Co. KG, Blomberg POS Tuning Udo Voßhenrich GmbH & Co KG, Bad Salzuflen Rila Feinkost-Importe GmbH & Co. KG, Stemwede Steinbach AG, Detmold TMC GmbH, Paderborn VELOSIT GmbH & Co. KG, Horn Bad-Meinberg Weber Data Service IT GmbH, Bielefeld Wilhelm Schildmeyer GmbH, Bad Oeynhausen Unirez GmbH, Detmold * Stichtag 21. Juni 2022 TERMIN Am Mittwoch, 17. August, treffen sich die Mitglieder der IHK-Klimainitiative von 8.30 bis 10.00 Uhr zum ersten Mal in der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld. Im Vordergrund steht das Kennenlernen der Teilnehmenden untereinander. Zudem geht es darum, Erfahrungen auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und sich gegenseitig zu unterstützen. Unternehmen, die sich für die IHK-Klimainitiative interessieren oder ihr beitreten möchten, können sich an die IHK Ostwestfalen zu Bielefeld wenden. Kontakt: Ulrich Tepper, E-Mail: u.tepper@ostwestfalen.ihk.de, Tel.: 0521 554-107, oder Arne Potthoff, E-Mail: a.potthoff@ostwestfalen.ihk.de, Tel.: 0521 554-222. ow

23 OWi 07.2022 ➔ HERAUSFORDENDER WEG „Als Kunststoffverarbeiter machen wir uns natürlich Gedanken über die Ökobilanz unserer langlebigen Produkte“, betont Jan Ottensmeyer, Geschäftsführer der Agoform GmbH. Das Familienunternehmen aus Löhne verarbeitet pro Jahr über 5.000 Tonnen Kunststoff im Extrusions- und Tiefziehverfahren zu Besteckeinsätzen, Antirutschmatten und kundenspezifischen Thermoformprodukten wie beispielsweise Transporttrays oder Caravan-Verkleidungsteilen. Schon sein Großvater habe durchgesetzt, dass die produktionsbedingt anfallenden Kunststoff-Randabschnitte vollständig wiederverwendet würden. Die kritische Frage seiner damals zehnjährigen Tochter habe ihn 2018 selbst dazu veranlasst, die jährlich rund 5 GWh Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen. Ottensmeyer, der Gründungsmitglied der IHK-Klimainitiative „gemeinsam klimaneutral bis 2030“ und Vorsitzender des IHK-­ Gründungsmitglied der IHK-Klimainitative „In der IHK-Klimainitiative erhoffen wir uns gegenseitig befruchtende Unterstützung auf dem besten Weg dahin, klimaneutral zu werden. Und das möglichst ohne den Erwerb von Zertifikaten“, sagt Jan Ottensmeyer, Geschäftsführer Agoform GmbH, Löhne. TIPP „KLIMANEUTRAL“ – EMOTIONALE WERBEBOTSCHAFT STELLT BESONDERE ANFORDERUNGEN AN UNTERNEHMEN Die Werbung mit dem Schlagwort „klimaneutral“ ist grundsätzlich möglich. Dabei müssen Unternehmerinnen und Unternehmer allerdings beachten, dass es sich um einen sensiblen Bereich mit emotionaler Werbekraft handelt. Somit besteht bei Werbung mit „Klimaneutralität“ ein erhöhtes Informationsinteresse auf Kundenseite, und es bedarf einer strengen und weitgehenden Aufklärungspflicht. Die Wettbewerbszentrale strengt in ganz Deutschland Verfahren gegen Unternehmen an, die mit Klimaneutralität werben. Intention dieser Verfahren ist die Klärung, wann die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ möglich ist und welche Anforderungen erfüllt sein müssen. Hierzu existiert bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Solange dies der Fall ist, sollten sich Unternehmen an den folgenden Grundsätzen, die aus Entscheidungen erstinstanzlicher Gerichte entnommen sind, orientieren: Aus § 5a Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ergibt sich, dass Verbrauchern alle wesentlichen Informationen zur Verfügung zu stellen sind, die sie benötigen, um eine informierte geschäftliche Entscheidung treffen zu können und deren Vorenthalten geeignet ist, sie zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie anderenfalls nicht getroffen hätten. Hierzu gehört auch, aus welchen Gründen das Produkt oder Unternehmen als klimaneutral beworben wird. Bei der Werbung mit „Klimaneutralität“ wird beim Verbraucher der Eindruck erweckt, die Produktion und/ oder der Vertrieb der Produkte sei klimaneutral. Damit kann beispielsweise gemeint sein, dass das ausgestoßene CO2-Gas im Sinne einer CO2-Bilanz an anderer Stelle eingespart wird, dass es durch Klimaprojekte kompensiert oder auch, dass es gar nicht oder kaum ausgestoßen wird. Somit gilt es, eine Irreführung beim Verbraucher zu vermeiden. Bezieht sich das Label „klimaneutral“ auf gewisse Produkte, ist dies dem Verbraucher durch einen Vergleich kenntlich zu machen. Ferner ist darüber zu informieren, auf welche Weise Klimaneutralität erreicht werden soll. Nur so ist es für Verbraucher möglich einzuschätzen, ob sie die ergriffenen Maßnahmen für unterstützenswert halten und ob diese plausibel sind. Außerdem müssen die Verbraucher darüber informiert werden, ob das Unternehmen selbst aktiv zu einer Energieeinsparung beiträgt, oder durch günstigen Erwerb von CO2-Zertifikaten in Schwellen- und Entwicklungsländern den CO2-Ausstoß kompensiert. Beim Erwerb von CO2-Zertifikaten ist der Hinweis auf das bloße Klimaschutzprojekt nicht ausreichend. Es bedarf vielmehr der konkreten Information, wie ein Ausgleich mit der Klimabilanz erreicht werden soll. Diese Informationen sind den Verbrauchern leicht und unaufwändig zur Verfügung zu stellen. ow David Ampf, IHK

24 Titel | Nachhaltige Unternehmen gegenseitig befruchtende Unterstützung auf dem besten Weg dahin.“ NETZWERKE ENTWICKELN STRAHLKRAFT Wie wichtig solche Beiträge wie die IHK-Klimainitiative „im Kleinen“ sind, um das globale Problem zu lösen, macht Sven Plöger deutlich. Der Diplom-Meterologe und ARD-Wettermoderator war jüngst zu Gast beim IHK-Umweltforum, wo er zum Thema „Herausforderung Klimawandel – Gute Aussichten für morgen!?“ referierte (siehe Interview Seite 30): „Es sind die zentralen Ansätze, das Globale sind nur die Rahmenbedingungen. Aber darunter kommt es auf das Regionale an, auf die Leute vor Ort und ihre Ideen. Es gibt viele Unternehmen, die Lust haben, etwas zu verändern. Nicht alle, aber es werden immer mehr. Und die haben Ideen. Diese Unternehmen brauchen die passenden Rahmenbedingungen, um wirtschaften zu können. Aus vielen Kleinen können sich Netzwerke bilden, die dann eine Strahlkraft entwickeln. Das kann auch anstecken. Was mich oft stört, ist, dass wir uns ständig erzählen, was alles nicht funktioniert. Mein Ansatz ist hinzugucken, wo sich etwas tut, zum Beispiel lokal bei den Unternehmen. Was machen die, wie tun die sich zusammen und was sind deren Ideen? Kann man diese Ideen auch anderen erzählen und daraus eine Motivation generieren? Alles andere bringt uns nicht weiter.“ Industrieausschusses ist, fasst zusammen, welche konkreten Maßnahmen in seiner Firma bereits umgesetzt werden: „Seit jeher bieten wir unseren Kunden am Ende der zehn bis 30 Jahre Nutzungsdauer die Rücknahme unserer Produkte an, bei der wir das Material vollständig recyceln. Auch läuft schon seit zwei Jahren ein Projekt, mit dem wir unser Verpackungsvolumen bislang um über zehn Prozent reduzieren und so viele Lkw-Fahrten vermeiden konnten. Zusätzlich zur bereits vorhandenen PV-Anlage mit 320 kWp projektieren wir gerade weitere 600 kWp – mehr geben unsere Hallendächer nicht her. Wir investieren dieses Jahr in eine neue Heizungs- sowie Kühlanlage und optimieren unsere Druckluftversorgung – immer mit dem Ziel einer mindestens 20-prozentigen Energieeinsparung. Bis Ende dieses Jahres wird ein Drittel unseres Pkw-Fuhrparks aus reinen Elektrofahrzeugen bestehen. Wir bieten bereits jetzt Besteckeinsätze auf Basis nachwachsender Rohstoffe an und werden mit weiteren Investitionen und Optimierungen unseren spezifischen Materialverbrauch in der Produktion spürbar senken – was aber die drastische Verteuerung von Rohstoffen und Energie nicht kompensieren kann. Wir haben noch einen herausfordernden Weg und viele weitere Projekte und Innovationen vor uns, um bis zu unserem 100. Unternehmensgeburtstag im Jahr 2028 – möglichst ohne den Erwerb von Zertifikaten – klimaneutral zu arbeiten. In der IHK-Klimainitiative erhoffen wir uns Fotos: Niclas Wieland/banz + riecks; Hettich Vorbildlich Das Hettich Produktionsgebäude B7 in Kirchlengern wurde 2018 mit dem „Industriebaupreis für nachhaltiges Bauen“ ausgezeichnet. Für die Holzbauweise wurden insgesamt 1.500 Tonnen Holz verwendet, die Energie für Heizung und Warmwasser wird zu über 60 Prozent aus der Abwärme der Produktion gewonnen und auf dem Dach ist eine Photovoltaik-Anlage installiert.

25 OWi 07.2022 KLIMAZIELE EIN WICHTIGER ASPEKT DER NACHHALTIGKEITSSTRATEGIE „Wir könnten morgen klimaneutral sein – wenn wir unseren CO2-Ausstoß mithilfe des Zertifikatehandels kompensieren würden.“ Für Michael Lehmkuhl, Geschäftsführer beim Möbelbeschlaghersteller Hettich aus Kirchlengern, ist das allerdings keine Alternative. Stattdessen will das Familienunternehmen bis 2025 an seinen europäischen Produktionsstandorten klimaneutral werden. Möglich werden soll das durch eine klare Priorisierung: „Emissionen vermeiden, Emissionen reduzieren, Emissionen kompensieren“, nennt Lehmkuhl die verschiedenen Stufen und ergänzt: „Wir werden zunächst noch verstärkt auf Kompensation angewiesen sein, diese soll jedoch kontinuierlich durch konkrete Reduzierungs- und Vermeidungsmaßnahmen verringert werden.“ Die Klimaziele seien ein Aspekt innerhalb der HettichNachhaltigkeitsstrategie. Unter der Überschrift „Wir übernehmen Verantwortung“ gliedern sich die drei Bereiche „Sozial: Wir sorgen für uns selbst.“, „Gesellschaftlich: Wir sorgen für andere.“ und „Ökologisch: Wir sorgen für die Umwelt.“. Nachhaltigkeit sei für das Familienunternehmen in der vierten Generation schon „sehr lange“ Thema. Die Anfänge lägen im Umweltmanagement der 1990-Jahre begründet. Seit Mitte des Jahrzehnts beteilige sich Hettich freiwillig am damals von der Europäischen Gemeinschaft gestarteten EMAS-Umweltmanagementsystems (Eco Management and Audit Scheme). Das Siegel werde immer nur dann jährlich neu vergeben, wenn sich die Energie- und Ressourceneffizienz verbessere, erläutert Lehmkuhl. Zusätzlich zu den vier deutschen Standorten seien mittlerweile auch die Produktionsstandorte in Spanien und Tschechien EMAS-validiert. Er selbst habe bei Hettich im Qualitätsmanagement begonnen, erzählt der heute 45-Jährige. „Auch dort haben wir schon immer den Ressourceneinsatz im Blick gehabt. Je weniger Material wir einsetzen müssen, desto wirtschaftlicher ist es für uns als Unternehmen.“ AUGEZEICHNETE INDUSTRIEBAUTEN Dass bei Hettich Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spiele, wurde nach außen erstmals 2009 sichtbar, als das Ausstellungs- und Verwaltungsgebäude „Hettich Forum“ am Stammsitz in Kirchlengern eröffnet wurde. Konzipiert wurde es als „Null-Energie-Gebäude“, das dafür den „Green Building Award“ der Europäischen Gemeinschaft erhalten hat. Der Energie-Fokus auf Gebäude und Liegenschaften setzte sich fort: So beim 2011 für die Produktion des Schubkastensystems „ArciTech“ neu errichteten Produktionsgebäudes, bei dem überwiegend Holzwerkstoffe verwendet wurden, oder bei einem 2017 realisierten Neubau, bei dem eine hochwärmegedämmte Holzbaukonstruktion zum Einsatz kam und „Wir werden zunächst noch verstärkt auf Kompensation angewiesen sein, diese soll jedoch kontinuierlich durch konkrete Reduzierungs- und Vermeidungsmaßnahmen verringert werden.“ Michael Lehmkuhl, Hettich gleichzeitig der Flächenverbrauch minimiert wurde. „Kurzfristig gedacht, ist eine Blechhalle günstiger, aber langfristig zahlen sich die höheren Investitionen in Gebäude aus, weil sie beispielsweise weniger Energie benötigen und die Energieeffizienz gesteigert wird. Wir werden so unserer ökologischen Nachhaltigkeitssäule gerecht, da wir auch für künftige Generationen sorgen.“ Ökologische Aspekte würden auch bei Neubauten an den Auslandsstandorten berücksichtigt, angepasst an die dortigen Gegebenheiten. „Bei einer neuen Produktionshalle in Indien müssen sie sich Gedanken um Lüftung und Kühlung machen, nicht um effizientes Heizen.“ Überall käme Photovoltaik zum Einsatz, an den deutschen Standorten ebenfalls Ökostrom. Allerdings gebe es international unterschiedliche Voraussetzungen für die Produktion von grünem Strom. Ein einfacher Vergleich sei nicht immer möglich. Hettich beschäftigt weltweit 7.400 Mitarbeitende, davon 3.700 in Deutschland. Tochtergesellschaften gibt es in 24 Ländern, dazu kommen zehn Produktionsstandorte weltweit. 2021 erzielte das zu 100 Prozent in Familienbesitz befindliche Unternehmen einen Umsatz von 1,35 Milliarden Euro, der Auslandsanteil lag bei 74 Prozent. KOMPLEXE HERAUSFORDERUNGEN MEISTERN „Die Frage ‚Was können wir vermeiden?‘ beeinflusst auch das Produktdesign. Jeder zehntel Millimeter Stahl, den wir für unsere Auszugsschienen einsparen können, zählt. Wenn wir Emissionen nicht vermeiden können, versuchen wir, sie zu reduzieren. So ersetzen wir beispielsweise Hydraulikpressen durch elektrisch betriebene Servopressen und senken so den Energieverbrauch. Das Thema Kompensation spielt bei der Mitarbeitermobilität eine wichtige Rolle“, sagt der Maschinenbau-Ingenieur. Momentan laufe eine Mitarbeiterbefragung in der es darum gehe, wie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Kirchlengern kämen. „Mit dem Zug erreichen sie Kirchlengern prima. Aber wie kommen sie um sechs Uhr morgens oder nach Schichtende um 22 Uhr vom Werksgelände zum Bahnhof? Wir überlegen, einen Shuttleservice einzurichten. Das Thema Jobrad wird von uns ebenfalls unterstützt. Auch Homeoffice trägt dazu bei, Emissionen zu reduzieren, weil der Arbeitsweg wegfällt“, sagt Lehmkuhl, der seine Termine am Tag des Gesprächs mittels Videokonferenz von Zuhause aus wahrnimmt und so gut 100 Kilometer Pendler-Strecke einspart. „Wir wollen unsere Mitarbeiter beimThema Ökologie mitnehmen. Bei unseren monatlichen ‚Coffee Talks‘ zur Nachhaltigkeit können sich alle einbringen, von den Kollegen aus der Produktion bis zum Management.“ Seien sie bei der Klimaneutralität für die Firmen-Standorte schon auf dem richtigen Weg, so kann Lehmkuhl ➔

26 Titel | Nachhaltige Unternehmen noch keinen Zeitpunkt für eine ausgeglichene Klimabilanz bei den Produkten nennen. „Es laufen schon Produktversuche, beispielsweise fragen wir, wie wir Materialien trennen können, damit sie recyclefähig sind. Auch mit dem ‚Cradle-to-Cradle‘-Thema beschäftigen wir uns. Beim Produktdesign haben wir die Mischverbauungen deutlich reduziert.“ Es seien komplexe Herausforderungen, um die Klimaneutralitätsziele zu erreichen. „Wir sind 2030 in der Lage, einzelne Produkte klimaneutral zu fertigen, wenn die Infrastrukturen in der Lieferkette vorhanden sind, damit man CO2-Neutralität erreichen kann. Ein Treiber ist hier die Stahlindustrie“, sagt Lehmkuhl. NACHHALTIGKEIT VON ANFANG AN MITDENKEN „Wie können Unternehmen bereits in der Produktentwicklung das Thema Nachhaltigkeit mitdenken?“ An Antworten auf diese Frage forscht Dr. Christoph Jürgenhake vom Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik (IEM) in Paderborn. Gemeinsam mit den ostwestfälischen Unternehmen Miele, Diebold Nixdorf, Wago und CP contech wird an der Entwicklung von Produkten für die Kreislaufwirtschaft gearbeitet. „Wir setzen damit bei ‚Scope 3‘ an, der Stufe, die indirekte Emissionen der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette erfasst“, erläutert der promovierte Maschinenbauingenieur. Am IEM verantwortet der 39-Jährige als stellvertretender Abteilungsleiter den Bereich „Systems Engineering“. Mit dem aktuell gestarteten IEMForschungsprojekt soll an konkreten Beispielen analysiert werden, wie ein CO2-Foodprint berechnet werden kann, vom Küchengerät bis zumGeldautomaten. Daraus soll eine Systematik entstehen, die wiederrum von allen produzierenden Unternehmen genutzt werden kann. Die IHK-Klimainitiative „gemeinsam klimaneutral 2030“ legt die Parameter des „Greenhouse Gas Protocol“ (GHG) zugrunde. Demnach fallen unter Scope 1 solche Treibhaus-Emissionen, die direkt im Unternehmen entstehen, beispielsweise durch den eigenen Fuhrpark, den unternehmenseigenen Energieerzeugungsanlagen oder aus Produktionsprozessen, etwa bei der Zementherstellung. Bei Scope 2 werden indirekte Treibhausgas-Emissionen aus der Erzeugung zugekaufter Energie, zum Beispiel Strom oder Fernwärme, erfasst. Scope 3 berücksichtigt die indirekten Emissionen der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette. Bei der IHK-Klimainitiative verpflichten sich die teilnehmenden Unternehmen, dass sie bezogen auf die Scope 1 und 2-Ziele klimaneutral am Standort wirtschaften, eine Erweiterung auf Scope 3 stehe den Unternehmen frei. Für Jürgenhake ist Scope 3 die Königsdisziplin. „Wie kann ich Produkte so designen, dass sie effizient und Teile austauschbar sind?“, lautet für ihn die Herausforderung. „Die Einsparung von CO2 in der Produktion spielt bei lang genutzten Produkten eine eher untergeordnete Rolle.“ Würden beispielsweise bei der Fertigung eines iPhones 70- bis 75 Prozent der CO2-Emissionen in den Scope 1 und 2-Phasen anfallen, sei es bei Waschmaschinen unter fünf Prozent. Fast 95 Prozent des CO2-Ausstoßes würde durch die Nutzung des Gerätes entstehen. „Der Knackpunkt ist der Lebenszyklus des Gerätes. Beim Smartphone werden zwei Jahre zu Grunde gelegt, bei Waschmaschinen zehn Jahre und bei Werkzeugmaschinen 20 Jahre. Bei der Kreislaufwirtschaft wird der gesamte Lebenszyklus des Geräts betrachtet. Da ist der „Die Einsparung von CO2 in der Produktion spielt bei lang genutzten Produkten eine eher untergeordnete Rolle.“ Dr. Christoph Jürgenhake, Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik (IEM) Von Anfang an Reparaturmöglichkeiten mitdenken Nachhaltigkeit beginnt mit der Konstruktion von neuen Maschinen oder Aggregaten. Fotos: IEM; Gorodenkoff/stock.adobe.com

27 OWi 07.2022 CO2-Foodprint nur eine Facette. In der Gesamtbetrachtung ist es wichtig, wie gut ein Produkt repariert, recycelt oder upgegradet werden kann, um so energieeffizienter zu werden.“ REPARATUR-ASPEKT IMMER RELEVANTER Insbesondere der Reparatur-Aspekt werde für Unternehmen immer relevanter. In Frankreich sei eine Reparaturmöglichkeit für Produkte, die an Endkunden verkauft werden, gesetzlich vorgeschrieben. In Spanien werde an einer entsprechenden Regelung gearbeitet. Mit diesen Gesetzen würden die Vorgaben aus dem europäischen Green Deal umgesetzt. Deutschland hätte Jürgenhakes Meinung nach vor diesen gestärkten Verbraucherrechten „die Augen verschlossen“. Die „eingebaute Obsoleszenz“ von Soft- und Hardware ärgere ihn auch persönlich. Da werde ein drei Jahre alter Fernseher nicht mehr nutzbar, weil das vom Hersteller herausgebrachte Update nicht abwärts kompatibel sei, der Support höre einfach auf. Oder die Hardware ginge nach „24 Monaten und einem Tag kaputt“. Sei Recycling von Stahlblechen noch relativ einfach, so würden Elektronik- und Mechatronik-Komponenten bislang häufig geschreddert, es sei ein sehr aufwändiges Verfahren, die Rohstoffe zurückzugewinnen. Das läge auch daran, dass Elektronik sehr integrativ aufgebaut sei, auf Platinen viele Schaltkreise und Widerstände auf engem Raum untergebracht seien. „Die Elektronik ist sehr auf den Massenmarkt ausgerichtet, hochintegrierte Systeme lassen sich kostengünstiger herstellen.“ Um den Scope 3-Zielen gerecht zu werden, müssten auch bei der Entwicklung von Elektronik-Komponenten andere Designansätze verfolgt werden. „Um Elektronik reparieren zu können, muss sie modularer aufgebaut werden. Sie können beispielsweise softwarenah-programmierte Systeme leichter auf neue, leistungsfähigere Chips ‚umziehen‘. Die Programme laufen auch auf den neuen Chips weiter, anders als bei hardwarenah-programmierten Systemen. Wird da etwas erneuert, muss die Software wieder neu programmiert werden.“ GESCHÄFTSMODELL ANPASSEN Im Bereich der Elektronik stoße der Kreislaufwirtschafts-Ansatz irgendwann an seine Grenzen, räumt Jürgenhake ein. Nämlich dann, wenn die Leistungsfähigkeit der Elektronik nicht mehr für die Anwendungen ausreiche. „Aber Produzenten können natürlich ein ‚2nd‘- oder ‚3rd-life‘ für ihre Produkte anbieten. Das setzt allerdings ein angepasstes Geschäftsmodell voraus. Zum Beispiel verkauft die Lufthansa ihre Flugzeuge nach zehn Jahren weiter und erzielt fast Neupreise dafür. Das ist möglich, weil Lufthansa Technik für die Maschinen ein hohes Wartungsniveau garantiert. Dieser ‚refurbished‘- Ansatz lässt sich auch auf andere Branchen übertragen.“ Die Herausforderung für die Industrie besteht für Jürgenhake darin, sich mit der Energieeffizienz der eigenen Produkte zu beschäftigen. Grüne Energieerzeugung und Einsparung seien wichtig, in der Gesamtbilanz allerdings „zu kurz gegriffen“. Wobei, betont der Ingenieur, es geht nicht um ein „entweder – oder“, sondern um ein „sowohl als auch“. „ROHSTOFFKREISLAUF SCHLIESSEN“ Wenn ein Familienunternehmer über seine Produkte sagt, dass sie am Ende ihres Lebenszyklus‘ entweder als Tränke auf der Kuhwiese oder als Rohstoff im Hochofen noch Nutzen stiften und sich darüber freut, dann ist es Thilo C. Pahl: „Wir haben großes Glück, dass wir recycling- und kreislauffähige Dinge herstellen“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter des Bade- und Duschwannen- sowie Waschtischherstellers Bette aus Delbrück. „Unsere Produkte bestehen zu 95 Prozent aus Stahl und zu fünf Prozent aus Email beziehungsweise Glas. Im Hochofen wird der Stahl eingeschmolzen, damit löst sich das Trägermaterial für das Email auf und das Email schwimmt als Schlacke oben im Hochofen“, beschreibt der Familienunternehmer in der vierten Generation den Prozess der sortenreinen Trennung. „Momentan arbeiten wir daran, den Rohstoffkreislauf zu schließen. Wir wollen wissen, wieviel ‚Badewannen-Schrott‘ angefallen ist, in welchem Hochofen er eingeschmolzen wurde, um dann dort unseren ‚neuen‘ Stahl einzukaufen. Nachhaltigkeit und Klimaneutralität haben sehr viel mit Transparenz zu tun. Das haben wir auch durch die erforderlichen Kennzahlen für unseren ersten Nachhaltigkeitsbericht gelernt, den wir 2020 herausgegeben haben. Dabei liegt Nachhaltigkeit durch die verwendeten Materialien Stahl und Glas für das Email sozusagen in unserer Firmen-DNA. Wir unterstützen vieles, was darauf einzahlt, unseren Planeten zu schützen.“ UMWELTAUSWIRKUNGEN ERMITTELN Mit der systematischen Datensammlung in Punkto Nachhaltigkeit hätten sie bereits 2010 begonnen. „Wir haben ‚Enviromental Product Declarations‘ für unsere Wannen und Duschen erstellt. Salopp gesagt geht es darum, welche Umweltauswirkungen von unseren Produkten ausgehen, welche Ressourcen wir verwenden und wieviel Energie bei der Produktion wohin fließt. Andere Unternehmen hatten solche Umweltproduktdeklarationen ebenfalls, das wussten wir durch das gute Unternehmer-Netzwerk in unserer Region. Dann war unser sportlicher Ehrgeiz geweckt, wir wollten solche Informationen über unsere Produkte ebenfalls erheben.“ Aus diesem Nachhaltigkeits-Grundverständnis heraus sei der nächste Schritt, klimaneutral hergestellten Stahl zu verwenden, nur logisch. „Wenn die Stahlindustrie die Wende zur Klimaneutralität schaffen will, braucht sie ih- „Wir unterstützen vieles, was darauf einzahlt, unseren Planeten zu schützen.“ Thilo C. Pahl, geschäftsführender Gesellschafter Bette GmbH & Co. KG

28 Titel | Nachhaltige Unternehmen Badevergnügen der nachhaltigen Art Bette verwendet auch klimaneutral hergestellten Stahl für seine Wannen. In diesem Geschäftsjahr soll der Anteil auf bis zu 40 Prozent im Einkauf steigen. rerseits Kunden, die sie begleiten. Wir unterstützen sie bei dieser Transformation im Rahmen unserer Möglichkeiten.“ Wurden im vergangenen Geschäftsjahr rund zehn Prozent grünen Stahls zu Wannen und Duschen umgeformt, so plant Pahl für das laufende Geschäftsjahr einen Anteil von bis zu 40 Prozent grünen Stahl im Einkauf. Mit seinen 397 Mitarbeitenden erzielte Bette im abgelaufenen Geschäftsjahr rund 95 Millionen Euro Umsatz, für dieses Jahr seien die 100 Millionen Euro angepeilt. INVESTITION IN DIE ZUKUNFT Für Pahl ist der Umstieg auf grünen Stahl eine Investition in die Zukunft, für die er zunächst auch höhere Kosten in Kauf nimmt. Denn, so räumt der diplomierte Maschinenbau-Ingenieur ein, die Bette-Kunden würden sich noch nicht merklich für das Thema Nachhaltigkeit und Klimaneutralität interessieren. Vereinzelte Nachfragen gebe es von Architekten und Planern im Objektgeschäft, im Renovierungsgeschäft sei dies noch nicht der Fall. „Wahrscheinlich ändert sich das erst mit der Greta Thunberg-Generation, die sich zunächst die Klimabilanz eines Herstellers anguckt, bevor sie ein Produkt kauft“, sagt der 42-Jährige. Die gesamte Branche sei glücklicherweise auf dem Weg, sich mit Klimaneutralität zu beschäftigen, sowohl die Acryl-, Stahl- als auch die EmailProduzenten. „Nachhaltigkeit an sich ist kein USP, erst in der Ausgestaltung wird es zum USP“, sagt Pahl. Aufs eigene Unternehmen bezogen bedeutet es, dass sie als Nächstes das Energiemanagement für die Produktion weiter optimieren. „Wir nutzen schon viel Photovoltaik, ein Drittel unseres Stroms produzieren wir selbst. Für das Blockheizkraftwerk benötigen wir natürlich Gas, für das Emaillierwerk und zum Heizen nutzen wir es ebenfalls. Ich kann keinen Zeitraum nennen, wann wir es komplett ersetzen können. Deshalb bin ich bei festen Zeitvorgaben für die Zukunft vorsichtig, wenn ich nicht garantieren kann, sie einzuhalten. Stattdessen schaue ich lieber, was wir bislang schon erreicht haben. Unser Ziel ist es, den Stromanteil in der Produktion weiter zu steigern und so den Gasverbrauch zu reduzieren.“ GLAUBWÜRDIGKEIT WICHTIG Als Familienunternehmer sei er per se an Fortschritt interessiert, im eigenen Bürogebäude kommen Kühldecken zum Einsatz, für die Wasserversorgung werde ein eigener Brunnen genutzt, E-Ladesäulen stünden auch zur Verfügung. „Bei unserem Hauptrohstoff Stahl hat sich nun die Gelegenheit geboten, noch stärker in das Thema Nachhaltigkeit und Klimaneutralität einzusteigen. Grüner Stahl ist ein wichtiges Signal. Was wir daraus machen, wie wir damit werben, das klären wir jetzt. Denn wenn Kunden nachhaltige Produkte nachfragen, ist es zu spät, sich erst dann damit zu beschäftigen. Früher oder später werden Kunden nachfragen.“ Und für Nachhaltigkeit und Klimaneutralität sei es ebenfalls wichtig, dass es in zehn Jahren in Deutschland oder Europa noch eine Stahlindustrie gebe. „Wir wollen durch die Unterstützung unserer Lieferanten mit darauf hinwirken, dass es eine ressourcenschonende Stahlindustrie gibt und wir den Stahl nicht aus China einkaufen müssen“, unterstreicht Pahl. „Nachhaltigkeit hat auch etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun. ‚Greenwashing‘ fällt einem irgendwann auf die Füße. Wenn man nicht wirklich überzeugt ist, lässt man es besser.“ ow Silke Goller, Heiko Stoll Fotos (2): Bette GmbH & Co. KG; panuwat/stock.adobe.com

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